Strommarkt 2025: Sommerlich volatil – aber mit System

Ein Zwischenfazit zum Strommarkt im ersten Halbjahr 2025 zeigt ein Bild mit zwei Gesichtern: Einerseits sinkende Preise dank hoher Einspeisung aus Photovoltaik, andererseits strukturelle und geopolitische Risiken, die jederzeit neue Preisspitzen auslösen können. Wer Stromkosten langfristig beherrschen will, muss heute mehr denn je zwischen den Zeilen lesen – und das System verstehen.
Angebotsseite: Sonne sorgt für Entspannung – mit Risiken
Im Juni 2025 lagen die durchschnittlichen Spotmarktpreise bei 66,25 EUR/MWh – ein Rückgang von rund 6 % gegenüber dem Mai. Verantwortlich war vor allem die starke PV-Einspeisung infolge sonniger Wetterlagen. Doch die vermeintliche Preisberuhigung hat auch ihre Kehrseite: Die intensive Sonneneinstrahlung führt zu sinkenden Pegelständen in den Flüssen. Erste Effekte sind bereits spürbar – etwa bei französischen Atomkraftwerken, die aus Kühlgründen gedrosselt werden müssen, oder bei der Kohlelogistik per Binnenschiff.
Trotz guter Einspeisung aus Erneuerbaren bleibt das fossile Back-up nötig – insbesondere bei windarmen Nachtstunden. Die geopolitische Lage, etwa im Nahen Osten, hat im Juni zu Preissprüngen geführt, insbesondere durch Ängste um Öl- und Gaslieferketten. Zwar blieb eine Sperrung der Straße von Hormus aus, doch die Marktreaktion war spürbar: Binnen weniger Tage stieg der Börsenpreis von knapp 58 EUR auf über 71 EUR/MWh.
Nachfrageseite: Noch wenig Dynamik, aber steigendes Interesse
Während das Angebot zunehmend volatil, aber tendenziell günstiger wird, zeigen sich auf der Nachfrageseite erste Signale einer beginnenden Transformation. Noch sind dynamische Tarife und Lastverschiebungslösungen im industriellen Mittelstand eher punktuell im Einsatz. Doch die Aussicht auf sinkende Einkaufspreise – bei gleichzeitig höherer Steuerbarkeit – erhöht das Interesse.
Die strukturellen Voraussetzungen (Smart Meter, flexible Produktion, Batteriespeicher) sind in vielen Unternehmen noch nicht umgesetzt. Doch das Bewusstsein wächst: Wer seine Stromnachfrage intelligent steuert, kann künftig aktiv von günstigen Spotphasen profitieren und sich zugleich gegen volatile Preisspitzen absichern.
Preisentwicklung: Volatil, aber mit fallender Grundlinie
Seit März 2025 zeigen die Preise eine Abwärtsbewegung – im Mai lag der Durchschnitt noch bei 70,18 EUR/MWh, im April bei knapp 74 EUR/MWh. Die monatliche Schwankungsbreite bleibt allerdings hoch: Allein im Juni schwankten die Preise zwischen 58 und fast 72 EUR/MWh. Diese Volatilität wird nicht verschwinden – im Gegenteil: Mit wachsender Erneuerbaren-Einspeisung nehmen Preisspitzen zu, sowohl nach oben als auch nach unten.
Die Kontraktpreise für Juli und das Quartal Q3 deuten bereits auf einen möglichen Wiederanstieg hin (80,40 bzw. 85,15 EUR/MWh). Der Markt bleibt nervös, und selbst moderate Wetterveränderungen oder logistische Engpässe können sich unmittelbar auf die Preisbildung auswirken.
Ausblick: Strategien statt Spekulation
Das zweite Halbjahr 2025 verspricht keine grundlegende Veränderung – aber einen Zuwachs an Komplexität. Unternehmen sind gut beraten, die Entwicklung nicht nur zu beobachten, sondern aktiv zu begleiten. Wer flexible Strommengenverträge, Spotmarktmodelle oder Eigenversorgung (PV + Speicher) in seine Energiebeschaffung integriert, wird profitieren.
Die zentrale Erkenntnis aus H1/2025 lautet daher: Der Strommarkt belohnt nicht mehr allein die günstigste Einkaufsstrategie, sondern die intelligenteste Kombination aus Preis, Flexibilität und Timing.
Autor: Dimitrios Koranis